natürgemäß kennt jeder hier im Forum einen Goliath, wenn natürlich Goliath nicht gleich Goliath ist. Angefangen von dreirädrigen Pionier über die Lieferfahrzeuge bis hin zum komfortablen Hansa 1100 gab es eine ganz breite Palette von Fahrzeugen und Fahrzeug-Typen.
Dass mir persönlich die Lieferwagen besonders am Herzen liegen, werdet Ihr bereits bemerkt haben.
Goliath war vor dem Krieg richtungsweisend und Vorbild für seine zahlreichen Nachahmer und Konkurrenten.
Da Ihr - genauso wie ich - sicherlich auch neugierig auf diese frühen Wettbewerber seid, will ich hier die seltene Gelegenheit ergreifen, und von Zeit zu Zeit eine Probefahrt mit Konkurrenten ermöglichen.
aus aktuellem Anlass machen wir heute eine kleine Spritztour mit einem Kokurrenten des Goliath F400.
Es ist schon die dritte Baureihe des Progress-Kleintransporters. Die erste Version war ja ein "Quasi-Frontlenker", dann kam der derzeit angebotene "eckige" Progress, der dem Goliath F1 zum Verwechseln ähnelt und danach dann jener mit dieser eleganten, abgerundeten Kabine, die durchaus mit den letzten Goliath F-Typen mit der "Stahlkabine" vergleichbar ist.
Auch der Standard hat die zeittypischen "Selbstmörder-Türen" und eine Haube, die der Form des Goliath entspricht. Die Frontscheibe ist jedoch flacher und hat abgerundete Ecken. Die Linienführung der A-Säule ist abgeschrägt, wie bei einem Tempo. An diesen Merkmalen ist der Standard auch von Weitem leicht von einem Goliath zu unterscheiden.
Der Motor saß allerdings, wie bei dem Pionier, im Heck.
Anders als Herr Borgward, bot Herr Gutbrod seine Kleintransporter auch mit vier Rädern an. Der Vierrad-Progress wurde sogar nach dem Krieg wieder neu aufgelegt und als Gutbrod P604Heck feilgeboten. Nach der Gutbrod-/Standard-Nomenklatur bedeutet dies, dass es ein Progress ist (P), dass 600 ccm Volumen zur Verfügung stehen und dass der Wagen auf vier Rädern rollt.
So gab es den gleichen vierrädrigen Progress z. B. vor dem Krieg mit einem 200er Einzylinder-Motor, der gleichen Maschine, die auch das kleine Dreirad antrieb.
Wer seine Erfahrungen mit einzylindrigen 200ern hat, der wird sich die Fahrleistungen lebhaft vorstellen können. Da muss man schon viel Geduld aufbringen.
Wir fahren allerdings den starken 500er Zweizylinder zur Probe:
Übrigens schlug auch bei Standard der Schell-Plan zu, der dafür sorgte, dass man bei Standard die Produktion der hauseigenen Lieferwagen zugunsten des E1 einstellen musste.
Auch Goliath stellte ja die Produktion seiner Lieferwagen deshalb ein. Allerdings ist überliefert, dass der eigensinnige Herr Borgward die ihm angebotene Produktion der Tempo-Dreiräder entrüstet ablehnte: "So einen Schrott baue ich nicht!"
ich muss noch eine möglicherweise missverständliche Formulierung richtigstellen.
Natürlich (und bekanntlich) baute man auch bei Goliath vierrädrige Lieferwagen. Der Unterschied, den ich meine, ist der, dass der Standard-Progress wahlweise mit drei oder vier Rädern lieferbar war.
Es gab quasi sämtliche Fahrgestellvarianten (Zentralrohr, Heckmotoren) "crossover". Lediglich die Vorderachs-Konstruktion unterschied sich naturgemäß.
kaum jemand weiß, dass auch Magirus Deutz Dreiräder gebaut hat. Zugegeben: Es war nicht unbedingt ein direkter Konkurrent unserer Goliath's, aber es ist für mich ein sehr reizvolles Fahrzeug und hat auch viel Ähnlichkeit mit einer Dreikantfeile von Goliath.
Magius Deutz baute nach dem Krieg im Werk Berlin eine Motorkehrmaschine mit dem Namen "MOKEMA".
Das Fahrzeug war jedoch nicht nur als reine Kehrmaschine mit Tank und Besen erhältlich, sondern auch mit einer kleinen Pritsche (wie beim Unimog), mit Kommunal-Ausstattung (z. B. Sand-/Salzstreuer) für den Winterdienst, sogar mit Schneeschieber. Auch als Zugmaschine wurde das Dreirad angeboten.
Mir sind vier überlebene Exemplare bekannt. Zwei davon in Deutschland, eine in Norwegen, eine in Belgien. Die Dreikantfeilen in Oberhausen und Oslo sind beide als Motorkehrmaschinen ausgerüstet. Die belgische Dreikantfeile und die in Itzehoe sind mit einer Pritsche ausgestattet.
Diese hier aus Itzehoe war ehemals auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen stationiert - und das noch bis in die 1970er Jahre. Sie ist eine kleine Zugmaschine mit Pritsche und hatte auch einen Schneeschieber als Zurüstung für den Winterdienst. Aus diesem Grund sind die Scheinwerfer bei diesem Exemplar so hoch angeordnet.
Ich selbst erinnere mich daran, solch ein (vielleicht dieses) Fahrzeug in Langenhagen öfters gesehen zu haben. Außerdem hatten die Stadtwerke Hannover wohl mehrere solcher Maschinen in dem typischen "Kommunal-Orange" und auch welche in einem undefinierbaren Graubeige - der ehemaligen Farbe der Stadtwerke Hannover.
Auf "meinem Marktplatz" in Hannover-Herrenhausen wartete samstags oft eine solche Maschine auf ihren Einsatz zum Marktschluß, wenn die Goliath- und Tempo-Dreiräder der Händler vom Platz verschwunden waren, um die Wochenmarkt-Hinterlassenschaften wegzufegen.
vielen unter Euch wird bekannt sein, dass Italien quasi "das Land der Dreirad-Transporter" war. Neben der allseits bekannten kleinen fleißigen APE (deutsch: Biene) von Piaggio gab es unzählige kleinere und größere Hersteller bis hin zu Hinterhof-Werkstätten, die diese Lastesel produzierten.
Aber, es gibt auch richtige "Goliath" unter den Motocarri. Einer davon ist der Ercole (deutsch: Herkules) von Moto Guzzi.
Moto Guzzi Ercole hier mit gerader Frontscheibe
Der Ercole (Herkules) war in Italien weit verbreitet und wurde in viele Länder exportiert. Auch in Deutschland gab es Import-Versuche, die aber nicht sehr erfolgreich waren. Ich erinnere mich an ein deutsches Prospekt eines deutschen Guzzi-Händlers, in dem dieser rauhe Kraftprotz mit verschiedenen eingedeutschten Aufbau-Varianten abgebildet ist, die der Händler selbst anfertigte.
Dieses bullige Dreirad hat immerhin eine Nutzlast von 1,5 Tonnen und wird von einem Einzylinder-Viertakter mit 500 ccm bewegt. Der Ercole ist wendig und die 16 PS dieser Maschine sehr kraftvoll, was im gebirgigen und engen Italien auch notwendig ist. 5 Vorwärts- und ein Rückwärtsgang waren serienmäßig.
Die Kabine kann für Freiluftfahrten während des heißen italienischen Sommers abgenommen werden. Wahlweise kann man auch nur die Türen aushängen und ihn so zu einem Quercabrio machen - auch nicht schlecht.
Es gab im Laufe der langen Bauzeit (1946-80) sehr viele unterschiedliche Kabinenausführungen mit gerader oder gewölbter Frontscheibe, mit vorn- oder hinten angeschlagenen Türen, mit einem oder zwei Scheinwerfern oder eine geräumige Kabine als Sonderzubehör von Zulieferern - noch bevor man sie bei Guzzi direkt ordern konnte.
Der Herkules, der uns zu dieser Probefahrt zur Verfügung steht, ist ein Kipper mit Stahlblechpritsche, vorn angeschlagenen Türen, einem Scheinwerfer und gewölbter Frontscheibe und fährt irgendwo in der Nähe von Como.